Thomas Lubecki bietet das Bilderbuch-Kino an
Vergangene Woche war Projektwoche an der Grundschule Fuhsestraße – dieses Mal zu dem Thema „Buch“. Im Zuge der Veranstaltung wurde unser Mitarbeiter Thomas Lubecki von der Schule eingeladen. Er führt bereits seit einigen Jahren sozialpädagogische Angebote an Schulen durch, darunter auch das „Bilderbuch-Kino“. Letzte Woche stellte er das Buch „Der Koffer“ von Chris Naylor-Ballesteros den 2. Klassen der Grundschule vor. Wir haben ihn an einem Vormittag begleiten können und nicht nur eine filmreife, sondern auch eine pädagogisch wertvolle Veranstaltung geboten bekommen.
Wie genau läuft das Kino ab?
Über den Beamer zeigt Thomas nach und nach die Bilder des Buches und liest die beistehenden Sätze vor. Dazu stellt er den Kindern auch Fragen. Los geht es bei dem Cover: was ist dort zu sehen? Worum könnte es in der Geschichte gehen? Wie schauen die Figuren drein? Wie könnten sie sich fühlen? Und wozu braucht man eigentlich einen Koffer? Die Kinder beteiligen sich rege. Gerade bei der grünen Hauptfigur sind sie sich unsicher. „Das grüne ist eine Schnecke oder so“ beschreibt es ein Mädchen. „Das ist eine Gurke!“ ist sich ein Junge sicher. Thomas hakt hier ein: „Manchmal wird ein Tier für eine Geschichte erfunden. Das ist dann eine Fantasiefigur.“ Auch dass diese Figur traurig und müde sein muss, fällt vielen auf, ebenso wie die Tatsache, dass der Koffer schwer aussieht und man mit einem solchen meist in den Urlaub fährt oder auch umzieht.
Die Geschichte: Fremden mit Offenheit begegnen
In „Der Koffer“ geht es um die Themen Mitmenschlichkeit und Toleranz. Ein Fremder, das „Er“, trifft auf die Tiere Hase, Fuchs und Vogel. Das Er trägt nur einen Koffer mit sich und sieht müde und erschöpft aus. Als er sich schlafen legt, brechen die Tiere seinen Koffer auf, in welchem sich neben der Lieblingstasse auch das gesamte Zuhause des Neuen befinden soll. Das können die anderen nicht glauben. Im Koffer finden sie dann lediglich ein Bild der alten Heimat und eine zerbrochene Tasse. Erst waren sie misstrauisch – dann realisieren sie ihr Fehlverhalten und bekommen ein schlechtes Gewissen. Sie reparieren die Tasse und bauen dem Neuankömmling eine Hütte, das neue Zuhause. Der zunächst Fremde hat damit nicht nur eine neue Bleibe gefunden, sondern auch neue Freunde.


Gerade vor dem Höhepunkt der Geschichte, dem Aufbrechen des Koffers, stoppt Thomas die Geschichte. Er fragt die Kinder: „ist es in Ordnung, was die anderen da vorhaben? Darf man einfach an einen fremden Koffer gehen?“ Die Kinder sind sich einig und machen das zumeist auch laut deutlich: „Neeein!“ kommt es aus dem Publikum. Thomas fragt weiter: „Wie wird sich das Er jetzt fühlen, wenn es aufwacht? Wie würdet ihr euch fühlen, wenn das jemand mit euren Sachen machen würde?“ Die Antworten sind auch hier sehr eindeutig: „Ich wär traurig und auch wütend!“ antwortet zum Beispiel ein Junge.
Zum Ende der Geschichte hat Thomas eine Bitte an die Kinder: „Manchmal lernt auch ihr Kinder kennen, zum Beispiel in eurer Klasse oder in eurem Sportverein. Seid bitte nett zu Kindern, die gerade neu sind.“
Warum ein Bilderbuch-Kino?
Insgesamt vier Gruppen aus dem 2. Jahrgang konnten sich an diesem Tag das Bilderbuch-Kino bei Thomas im Zuge der Projektwoche “Buch” angucken. Die Vorstellung schien gut anzukommen, fast alle Kinder beteiligten sich und hatten tolle und teils kreative Ideen und Gedanken zu dem Buch. Aktuell ist Thomas jeden Mittwoch in der Grundschule Fuhsestraße und bietet das Bilderbuch-Kino an. Dieses gefiel der Schule bisher so gut, dass sie ihn für die Projektwoche gerne zusätzlich dabeihaben wollten.
Daher interessierte uns am Ende: wie sind denn die Rückmeldungen aus der Schule? “Gerade die Lehrkräfte der Klassen, die regelmäßig bei mir sind, teilen mir mit, dass die Kinder mehr und mehr Empathie entwickeln und ihr eigenes Verhalten und auch das von anderen besser reflektieren können.” erzählt er uns.
Das Angebot „Bilderbuch-Kino“ zielt auf genau solche Entwicklungen ab: die Inhalte der behandelten Bücher sollen dazu beitragen, dass Empfindungen wie Empathie und Toleranz gefördert werden. Das passiert über das Aufzeigen verschiedener Perspektiven. Thomas hat ein größeres Repertoire an Büchern, sodass die zu behandelnden Themen gut auf die Wünsche der Kinder oder Lehrkräfte angepasst werden können.
Außerdem führt Thomas unterhaltsam und gewissenhaft durch die Vorstellungen. Bei “Der Koffer” wird es auch deswegen so lebendig, weil er selbst einmal „neu“ war: zusammen mit seinen Eltern kam Thomas aus Polen hier her nach Deutschland, als er noch ein Kind war. Dieses Detail teilte er im Zuge der Geschichte mit den Kindern. Teilweise hat es sogar jene Kinder, die ebenfalls einen Migrationshintergrund haben, zum Erzählen ihrer Erfahrungen angeregt.
Für Interessierte: hier gibt es weitere Informationen zu dem Buch “Der Koffer” und eine Leseprobe.
Im Kurz-Profil: Thomas Lubecki
Thomas, der zunächst erfolgreich Germanistik studiert hat, arbeitet bereits seit 13 Jahren für die Stiftung HELP. Neben der Tätigkeit im Bereich des Ganztags zählt auch die Durchführung sozialpädagogischer Angebote zu Thomas’ Arbeit innerhalb der Stiftung. Seit mittlerweile vier Jahren gehört auch das beliebte Bilderbuch-Kino zu den Angeboten.