Sozialtraining im Familienzentrum Vahrenwald

Kinder werden in der Regel im Alter von etwa 6 Jahren eingeschult. Auf individuelle Unterschiede in der persönlichen Entwicklung und im Sozialverhalten nimmt unser Schulsystem dabei nur wenig Rücksicht.
Für betroffene Kinder bedeutet das oft einen schweren Start ins Schulleben – und bis der überwunden ist, können Jahre vergehen.
Was also, wenn ein Kind einfach noch nicht ganz bereit ist für die Schule?

Einige HELP-Mitarbeiter bieten in solchen Fällen Sozialtrainings in Kitas an. In kleinen Gruppen sollen dabei soziale Fähigkeiten wie Zusammenarbeit, Empathiefähigkeit und Konzentration trainiert werden. Einer von ihnen ist Thomas Lubecki.

An diesem Donnerstagmorgen besucht Thomas Lubecki das Familienzentrum Vahrenwald. Während die Gruppe noch vor der Tür wartet, hat er im Turn- und Kletterzimmer im Souterrain der multikulturell ausgelegten Kita schon alles aufgebaut: Ein Parkour aus weichen Matten, Schaumstoffblöcken und Holzbänken wird der Höhepunkt der heutigen Trainingseinheit sein.

Die Tür öffnet sich, sieben Kinder und Erzieherin Viviane stürmen herein. Es geht sofort los mit ein paar Aufwärmübungen, eher etwas für den Kopf als für den Körper.
Die nächste Aufgabe erfordert volle Konzentration. Plastikhülsen von Brausetabletten sind auf dem Boden verteilt, die Kinder sollen zugreifen, jeder eine Rolle. Diese sind Paarweise mit den gleichen Gegenständen gefüllt: Pfeffer, Salz, Legosteine, Murmeln. Durch Schütteln und genaues Zuhören sollen die Jungs nun ihr Gegenstück und damit ihren Partner finden. Das dauert eine Weile, funktioniert aber ganz gut.

Jetzt geht es zur eigentlichen Aufgabe des Tages: Thomas Lubecki verteilt Augenbinden, die Kinder sollen ihren blinden Partner durch den Parkour führen. Erst der Eine, dann der Andere. Eine Aufgabe, die einiges an Einfühlungsvermögen und Empathie erfordert – und die Bereitschaft, seine eigene Rolle neu zu definieren.

“Wie war das denn für Euch, als Ihr gar nichts sehen konntet?” fragt Lubecki. “Schwierig”, sagt einer der Jungen. “Wer war denn dein Partner?” “Liam*.” “Hat Liam Dir gut geholfen? Hast Du dich sicher gefühlt?”, “Ja sehr.”. “Liam, weisst Du? Das ist ein großes Kompliment von deinem Partner.”, sagt Lubecki.  Ihm ist wichtig, dass die Kinder verstehen, was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Dass dies nicht nur etwas Negatives sein muss,  sondern dass man so das Vertrauen Anderer gewinnen kann und dass sich das für beide Seiten gut anfühlt.

Zum Abschluss sollen einzelne Schüler die anderen in einer langen Schlange im Slalom durch den Parkour führen. Danach ist Schluss für heute. Die Konzentrationsfähigkeit der Kleinen ist bis an die Grenzen ausgereizt.

 

*Name geändert.